Jaja, heute ist Nationalfeiertag, ich weiß. Vor 29 Jahren wurde wieder angenäht, was die Alliierten amputiert hatten. Dass wir uns dabei den Wundbrand geholt haben, ist aber eine andere Geschichte. Den 3. Oktober hat Helmut Kohl angeblich als Datum der sog. Wiedervereinigung gewählt, weil er im Gegensatz zum 9. November, den viele bevorzugt hätten, wg. ‚Dt. Schicksalstag’ usw., historisch unbelastet gewesen sei. Dabei stimmt das gar nicht: nur zwei Jahre zuvor war Franz Josef Strauß gestorben! Das war sehr geschickt von Kohl, denn so würde das Gejammer aus München um seinen Erzrivalen jedes Jahr vom Einheitsfeuerwerk übertönt werden. Darum soll heute an dieser Stelle mal gegen das Einheitsgedöns angeflüstert werden. Wer wie ich als junge „Ratte und Schmeißfliege“ unter dem Strauß-Regime politisiert wurde, weiß eh, wie sich die DDR angefühlt haben muss, auch wenn bei uns das Bier besser war. – Im Herbst 1988 nahm ich mit einigen harmlosen Karikaturen an einer Ausstellung teil, die im Rathaus eines Münchner Vororts präsentiert wurde. Als Strauß dann beim Jagen der Schlag traf, wurde meine FJS-Karikatur sofort abgehängt und wahrscheinlich auf einem Scheiterhaufen verbrannt, jedenfalls habe ich sie nie wieder gesehen. Meine liebste Strauß-Erinnerung aber ist nur ein paar Monate älter, als ich nämlich mit einer Jugendgruppe bei einem Bundestagsabgeordneten in Bonn zu Gast war. Der führte uns auch in die Bayerische Landesvertretung, die freilich mit Bildern des Großen Vorsitzenden förmlich tapeziert war. Sogar auf dem Klo gab es eines. Dort traf ich auch zum ersten Mal auf eine spezifisch bayerische Sanitäreinrichtung: das Kotzbecken. Das war ein sehr tiefes rechteckiges Waschbecken mit einem armdicken Ablauf und zwei darüber angebrachten Bügeln zum Festhalten, so dass man speien konnte, ohne sich zu beschmutzen. In dieses Becken, so wurde ehrfürchtig gewispert, habe auch ER sich schon erleichtert. Ich verzichtete, obwohl mir angesichts der Omnipräsenz des S. nicht wenig übel war.
It makes you puke – Yes, today it’s National holiday, I know. 29 years ago was attached again, what the Allies had amputated. The fact that we thereby got the gangrene, that’s a different story. Helmut Kohl allegedly chose the 3rd of October as the date of the so-called reunification because it was historically unencumbered, in contrast to the 9th of November, which would have been prefered by many, because of ‚date of german fate‘ etc. But that’s not true: only two years earlier, Franz Josef Strauss had died! This was very clever by Kohl, because now the whining from Munich about his archrivals death would be drowned out every year by the unification fireworks. Therefore today I want to whisper against the fuss a little bit. Anyone who, like me, was politicized under the Strauss regime as a young „rat and blowfly“, knows how the GDR must have felt anyway, even if the beer was better at ours. – In the autumn of 1988, I participated in an exhibition that was presented in the town hall of a Munich suburb with some harmless caricatures. After Strauss had a stroke at a deer hunt, my FJS caricature was immediately dropped and probably burned at a stake, at least I never saw it again. But my favorite Strauss-experience took place only a few months earlier, when I was part of a youth group which was invited by a member of the Bundestag in Bonn. He also took us to the Bavarian State Representation, which was literally papered with pictures of the Great Chairman. Even in the bathroom. There I also experienced a specifically Bavarian sanitary facility for the first time: the puking pond. That is a very deep rectangular washbasin with an arm-thick drain and two handles to hold on so you could vomit without getting soiled. At this basin, it was whispered reverentially, even HE himself already had relief. I renounced, though I was quite sick of the omnipresence of S.