Im Café Diglas in Wien

Das Diglas scheint immer sehr gut besucht zu sein. Man ist auf den Massenandrang aber gut vorbereitet und betreibt ein mechanisches Klavier, das die Wünsche des touristischen Publikums erfüllt, bevor sie noch geäußert werden und das, ohne mit den Augen zu rollen und einen urwienerischen Fluch zu nuscheln. Der Platzanweiser ist ein hagerer Riese, der den Überblick hat und darüber hinaus alle urwienerischen Flüche in zehn Sprachen nuscheln kann.

At Café Diglas in Vienna – The Diglas always seems to be very busy. But they are well prepared for the crowds and operate a mechanical piano that fulfills the wishes of the tourist public before they are even expressed and does so without rolling his eyes or mumbling a typical Viennese curse. The usher is a gaunt giant who has the overview and can also mumble all the typical Viennese curses in ten languages.

Im Café Naschkätzchen in Wien

Ob aus einer Katze noch einmal ein Kätzchen wird, hängt wohl vor allem davon ab, wie sie sich beträgt. Diese hier mag es lieber süß als salzig, aber gerne von allem ein bisschen. Ansonsten macht sie wie alle Katzen, was sie will. Kratzen tut sie aber nicht und bisher scheint auch noch nichts zu Bruch gegangen zu sein, doch darüber würden Felinophile eh hinwegsehen. Und weshalb das Café inzwischen im Tiefparterre liegt, ist jedem Katzenfreund klar, der gesehen hat, wie oft sich eine Katze im Kreis dreht, bis es endlich gemütlich ist. Hier ist es sehr gemütlich.

At the Café Naschkätzchen in Vienna – Whether a cat will become a kitten again depends mainly on how it behaves. This one prefers sweet to salty, but likes a little of everything. Otherwise, like all cats, it does what it wants. But it doesn’t scratch and so far nothing seems to have been destroyed, but felinophiles would overlook that anyway. And why the café is now on the lower ground floor is clear to every cat lover who has seen how often a cat turns in circles until it finally feels comfortable. It is very comfortable here. (Naschkätzchen means ’sweet tooth‘, literally ’sweet kitten‘)

Im Café Frauenhuber in Wien

Vom Menschen wird ja behauptet, dass er sich mittels Stoffwechsel alle sieben Jahre erneuert und dann eigentlich nicht mehr derselbe ist. Wir haben dennoch das Gefühl, dass sich nichts Wesentliches ändert und das ist vermutlich am Ende auch gut so. Das Café Frauenhuber konnte schon seinen 200. Geburtstag feiern und dennoch hat man das Gefühl, dass sich seit Anbeginn nichts Wesentliches geändert hat, auch wenn das natürlich nicht stimmt – es ist eh niemand mehr am Leben, der es bezeugen könnte – und außer der Küche weiß sowieso niemand genau, wie schnell der Stoffwechsel eines Kaffeehauses ist. Wie immer ist auch das am Ende gut so, denn es gibt Dinge, die will man gar nicht wissen. Jedenfalls gilt das Café, obwohl es mehrmals die Persönlichkeit gewechselt hat, heute als das älteste durchgehend betriebene Kaffeehaus Wiens. Anders als bei den Leuten, die das von sich behaupten, ist es für das Lokal aber tatsächlich schon mindestens das zweite Leben, denn am selben Ort befand sich zuvor ein Restaurant, in dem angeblich Mozart und Beethoven persönlich musiziert haben sollen, wobei die beiden Herren bei genauerer Betrachtung in jedem Gebäude Wiens entweder gewohnt oder musiziert haben. Daran sieht man aber nun, dass Kaffeehäuser auch nur Menschen sind wie du und ich und vor Gefallsucht nicht gefeit.

At Café Frauenhuber in Vienna – It is said that people renew themselves every seven years through metabolism and are then no longer the same. We still have the feeling that nothing essential has changed and that is probably a good thing in the end. Café Frauenhuber has already celebrated its 200th birthday and yet you still have the feeling that nothing essential has changed since the beginning, even if that is of course not true – there is no one left alive who could testify to it – and apart from the kitchen, no one knows exactly how fast the metabolism of a coffee house is. As always, that is a good thing in the end, because there are things you don’t want to know. In any case, although it has changed characters several times, the café is now considered the oldest continuously operating coffee house in Vienna. Contrary to people who say that about themselves, this is actually at least the second life for the place, because there used to be a restaurant on the same site where Mozart and Beethoven were said to have played music, although on closer inspection the two gentlemen either lived or played music in every building in Vienna. This shows that coffee houses are just people like you and me and are not immune to the desire to please.

Im Cafe Sperl in Wien

Als ich mich auf einen anderen Platz setze und erkläre, warum, erzählt die Frau Ober, dass die gesamte Fensterseite im Sommer aber neu gepolstert werde. Das Muster werde eigens dafür in Frankreich gewebt und müsse aus Denkmalschutzgründen aussehen wie das Original. Das ist zwar einerseits schön, aber dennoch schade, weil man momentan fast bis zum Nabel in dem durchgesessenen Polster versinkt und nach Schnitzel und Sperltorte erst recht nicht mehr hochkommt. Aber wer will das schon? So darf man hocken bleiben, bis das Lokal schließt und einem die Frau Ober hinaushilft.

At Cafe Sperl in Vienna – When I sit down at another seat and explain why, the waitress tells me that the entire window side will be reupholstered in the summer. The pattern is woven in France especially for this purpose and has to look like the original for reasons of monument protection. On the one hand, that’s nice, but on the other hand it’s a pitty because you sink almost up to your belly button in the sagging upholstery and you can’t get up after schnitzel and Sperl cake. But who wants that anyway? So you can stay like that until the restaurant closes and the waitress helps you out.

Geniale Geschäftsidee

Nicht nur für Schüler zu empfehlen, sondern für jeden, der gerne Sand im Getriebe dieser durch und durch kranken Welt sein mag, ist der Störungsdienst Krempelhuber. Das Dienstleistungsangebot umfasst auf Wunsch auch Störungen des Privatlebens, wovon, dem Vernehmen nach, besonders ältere Ehepaare gerne Gebrauch machen. Größten Zuspruchs erfreut sich jedoch der Klassiker, Vorgesetzte in den Wahnsinn zu treiben, weil sie es nicht anders verdienen. Während der Störungsdienst Krempelhuber den Auftrag erledigt, kann man sich entspannen oder einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen. In jedem Fall gut investiertes Geld!

Brilliant business idea – The Krempelhuber fault service is recommended not only for students, but for anyone who likes to be a thorn in the side of this thoroughly sick world. The range of services also includes disruptions to private life on request, which, according to reports, older couples in particular like to make use of. However, the classic approach of driving superiors crazy because they deserve it is the most popular. While the Krempelhuber fault service is doing the job, you can relax or do something useful. In any case, it is money well spent!

Zwei große 16er Bleche bitte!

(Die Ottakringer Brauerei befindet sich im 16. Bezirk, weshalb die Getränkedosen als 16er Blech bezeichnet werden)

Two large 16th tins please! (The Ottakringer brewery is located in the 16th district, which is why the beverage cans are called 16th tins)

Café Prückel in Wien

Wer auch immer das Café Prückel geplant und gebaut hat, muss sich gedacht haben: Der Mensch hat Bedürfnisse. Oben tut er was rein, unten muss es wieder raus. Darum ist der Gastraum oben und die Toiletten sind unten. Und damit der Mensch, auch wenn er oben des Guten zuviel hineingetan hat, trotzdem noch rechtzeitig nach unten kommt, bauen wir nicht nur eine Treppe, sondern gleich zwei, eine links herum und eine rechts herum, so ist für jeden was dabei. Ungeschickt ist aber, dass beide Treppen erst nach dem Gang durch ein Nadelöhr zu erreichen sind, denn der Abgang zu den Klos befindet sich mitten im Eingang zur Küche, so dass es gar nicht möglich ist, einem der vielen geschäftigen Ober nicht auf die Füße zu steigen oder ihm wenigstens im Weg herumzustehen. Vielleicht mochte der Architekt keine Ober oder keine Gäste oder überhaupt keine Menschen oder er gehörte zu denen, die immer bloß schnell auf einen Kleinen ins Kaffeehaus eilen und darum nie Zeit haben, die Pointe auch ordentlich zu Ende zu erzählen.

Café Prückel in Vienna – Whoever planned and built Café Prückel must have thought: people have needs. They put things in upstairs which then have to come out downstairs. That’s why the dining room is upstairs and the toilets are downstairs. And so that people can still get downstairs in time, even if they’ve put too much in upstairs, we’re building not just one staircase, but two, one to the left and one to the right, so there’s something for everyone. It’s awkward, however, that both staircases can only be reached after going through a needle’s eye, because the access to the staircases is right in the entrance to the kitchen, so it’s impossible not to step on the feet of one of the many busy waiters or at least get in their way. Perhaps the architect didn’t like waiters or guests or people at all, or he was one of those people who always just rush into the coffee house for a quick espresso and therefore never have time to finish the punch line properly.

Eh!

Definitely! – „If I eat a kilo of rocket, I’ll weigh a kilo more afterwards. It’s that simple. But you’re right. I’ll start eating rocket tomorrow. Definitely.“ „Definitely!“

Neues aus der Wissenschaft (40)

Österreichische Archäologen haben neulich ein antikes Möbel ausgegraben, das wohl aus der römischen Spätantike stammt, aber in einem frühmittelalterlichen Schichtzusammenhang aufgefunden worden ist. Der Fundort und die äußeren Merkmale legen nahe, dass es sich um den in zeitgenössischen Quellen beschriebenen Campingthron Karls des Großen handelt. So heißt es bei Karls Biografen Einhard: „Wo immer er hinmusste, fuhr er auf einem Karren, der von einem Ochsengespann gezogen wurde und er saß auf einem steinernen Sessel, welchen er zum Verdruss seines Hofstaates stets mitzuführen pflegte.“ Eine anonyme Quelle wird noch deutlicher und kann daher hier nicht zitiert werden.

Science news – Austrian archaeologists recently unearthed an antique piece of furniture that probably dates back to late Roman antiquity, but was found in an early medieval context. The location where it was found and the external features suggest that it is the camping throne of Charlemagne described in contemporary sources. Charlemagne’s biographer Einhard states: „Wherever he had to go, he rode on a cart pulled by a team of oxen and sat on a stone chair, which he always took with him, much to the annoyance of his court.“ An anonymous source is even clearer and therefore cannot be quoted here.

Aus dem Familienalbum (74)

Großonkel Maxbert war vor seiner Pensionierung ein gefragter Nasenhaarfriseur und er hatte sich nie damit abgefunden, seinen Beruf nicht mehr ausüben zu dürfen. Maxbert war nämlich nahezu blind, jedenfalls extrem schwachsichtig. Er hatte das größte und zugleich hässlichste Wohnzimmer, das ich je gesehen habe. Als er einmal zu einem runden Geburtstag die ganze Familie eingeladen hatte, mussten wir alle im Wohnzimmer Platz nehmen und wurden einer nach dem anderen ins „Behandlungszimmer“ gerufen, aus dem dann gellende Schreie drangen. Meine Eltern und ich sind entsetzt geflohen, und andere Familienmitglieder weigern sich, über das Erlebte zu sprechen, was mich natürlich neugierig macht. Vielleicht gehe ich das nächste Mal doch wieder hin.

From the family album – Great Uncle Maxbert was a sought-after nose hairdresser before he retired and he never accepted that he would no longer be able to practice his profession. Maxbert was almost blind, or at least extremely poor-sighted. He had the largest and ugliest living room I have ever seen. When he once invited the whole family to a big birthday, we all had to sit in the living room and were called one after the other into the „treatment room“, from which shrill screams could be heard. My parents and I fled in horror and other family members refuse to talk about what happened, which of course makes me curious. Maybe I’ll go back next time.