Im Café am Heumarkt in Wien

Das Café wurde, als die Benzinkutschen die Macht übernommen haben, an den Rand gedrängt, und da befindet es sich heute noch, am Straßenrand, ein Eckensteher, der darauf wartet, dass etwas passiert. Drinnen passiert aber auch nicht mehr viel. Zwei ältere Herren sitzen Schulter an Schulter an zwei Tischen, rascheln gemeinsam in ihren Zeitungen und nippen abwechselnd ihre Achtel leer. Auf dem Billardtisch spielt nur noch das Licht, der Koch fläzt gelangweilt im Durchgang zur Küche, während im Hintergrund eine alte Frau mit etwas klappert. Ein gebeugter grauer Ober wackelt den Kaffee herüber, der auf dem Weg ein paar Grad kälter werden wird. Ein angedeutetes Lächeln, ein Glas Wasser und ein Keks erinnern daran, dass trotz allem die Form gewahrt werden muss. Das rote Leder der Sitzbänke ist brüchig geworden und die letzten Gäste werden irgendwann nicht mehr kommen, denn so viele wachsen leider nicht nach, die den Charme des Morbiden zu schätzen wissen.

At the Café am Heumarkt in Vienna – The café was pushed to the sidelines when the petrol-powered carriages took over, and there it is today, on the side of the road, a corner stander waiting for something to happen. But not much is happening inside either. Two older men sit shoulder to shoulder at two tables, rustling through their newspapers together and taking turns sipping their wineglasses empty. The only one playing on the pool table is the light, the cook lounges bored in the passage to the kitchen, while an old woman clatters something in the background. A hunched gray waiter totters over the coffee, which will get a few degrees colder on the way. A hint of a smile, a glass of water and a biscuit remind us that, despite everything, the form must be maintained. The red leather of the benches has become brittle and the last guests will stop coming at some point, because unfortunately there are not enough new generations to appreciate the charm of the morbid.

Im Café Mozart in Wien

Als der berühmte Pferdemetzger Mozart in Wien einmal ins Kaffeehaus gehen wollte, da empfahl man ihm das Lokal gegenüber der Albertina. „Na sowas!“ rief Mozart überrascht, als er dort ankam, „Das heißt ja wie ich! Café Mozart!“ Seitdem erzählt er in Pferdemetzgerkreisen stets und gerne, man habe in Wien sogar ein Kaffeehaus nach ihm benannt. Tatsächlich jedoch verhält es sich ganz anders, denn gegründet wurde das Lokal von dem Erfinder der berühmten Kugeln, mit denen noch heute fast überall auf der Welt in öffentlichen Parks alte Männer nach anderen Kugeln werfen. Was man eben so macht, wenn man viel Zeit hat.

At Café Mozart in Vienna – When the famous horse butcher Mozart once wanted to go to a coffee house in Vienna, the place opposite the Albertina was recommended to him. Mozart exclaimed in surprise when he got there, „It’s called the same as me! Café Mozart!“ Since then, he has always been happy to tell horse butcher circles that a coffee house in Vienna was even named after him. In reality, however, things are quite different, because the place was founded by the inventor of the famous balls that old men still use to throw at other balls in public parks almost everywhere in the world. What you do when you have a lot of time.

Im Café Korb in Wien

Das Café Korb ist der bevorzugte Ort der Wiener sowohl für blind dates als auch für ältere Ehepaare, die wissen, dass es keinen Sinn mehr hat. Man kann aber auch einfach so hingehen.

At Café Korb in Vienna – Café Korb is the Viennese’s favorite place for both blind dates and older couples who know that there’s no point anymore. But you can also go there offhandedly. (wordplay with the expression for ‚turning so. down‚)

Im Café Engländer in Wien

Im Engländer gibt es einen hervorragenden Backhendlsalat, wenn nicht gerade der Koch ein Haar darin versteckt, aber wegen so einer Lappalie lässt man einen hervorragenden Backhendlsalat nicht zurückgehen. Ich sitze am liebsten gegenüber der Bar. Aus der Küche dringen dann natürlich rhythmische Geräusche, zu denen man seinen Lieblingswalzer summen kann: Ohne Pause werden da Schnitzel geklopft oder vielleicht wird auch der Koch verprügelt. Beides ist aus meiner Sicht in Ordnung.

At Café Engländer in Vienna – At the Engländer they serve an excellent fried chicken salad, unless the chef is hiding a hair in it, but you won’t return an excellent fried chicken salad because of such a triviality. I prefer to sit opposite the bar. Of course, rhythmic noises come from the kitchen, to which you can hum your favorite waltz: schnitzels are being pounded non-stop, or maybe the chef is being beaten up. Both are fine in my opinion.

Im Café Imperial in Wien

Im Hotel Imperial befindet sich das gleichnamige schöne Café. Ich bekomme einen Fensterplatz ganz weit hinten, vermutlich, weil ich ästhetisch nicht zum Publikum ganz vorne passe. Das aber ist ein glücklicher Zufall, da am Nebentisch der Regisseur Terry Gilliam sitzt. Ich zeichne ihn und bitte um ein Autograph. Sein Begleiter sagt leicht annoyed: „O, there’s another one“, und erklärt, dass ich heute nicht der erste sei und sie das Gefühl hätten, gestalkt zu werden, aber der US-amerikanische Python ist erfreut und lobt meine Zeichnung. Nur sein Zöpfchen sei eigentlich ein bisschen länger. Ich bedanke mich und natürlich mache ich dann erst einmal etwas vollkommen anderes.

At Café Imperial in Vienna – The Hotel Imperial is home to the lovely café of the same name. I get a window seat at the very back, probably because I don’t fit in with the audience at the front. But that’s a lucky coincidence, because the director Terry Gilliam is sitting at the next table. I draw him and ask for an autograph. His companion says, slightly annoyed: „Oh, there’s another one,“ and explains that I’m not the first today and that they feel like they’re being stalked, but the American Python is pleased and praises my drawing. Only his pigtail is actually a bit longer, he says. I thank him and of course I go on to do something completely different.

Der ehrliche Erdnusskarli

Man kann dem Erdnusskarli viel vorwerfen, z.B. dass er einen albernen Spitznamen hat oder dass sein Kaffee immer kalt ist, aber was man ihm nicht vorwerfen kann, ist Unehrlichkeit, denn manch anderer würde frech behaupten, die Unterscheidung zwischen food und fisch und chips sei unnötig, aber natürlich wissen wir alle, dass dem nicht so ist. Richtig so, Erdnusskarli!

The honest Peanutcharlie – You can accuse Peanutcharlie of many things, e.g. that he has a silly nickname or that his coffee is always cold, but what you can’t accuse him of is dishonesty, because some people would cheekily claim that the distinction between food and fish and chips is unnecessary, but of course we all know that this is not the case. Well done, Peanutcharlie!

Im Stadtcafé in Wien

Der junge Mann, der hinter der Bar herumwuselt, heißt wie Dr. Frankensteins rechte Hand und bescheinigt mir überaus freundlich ein Talent fürs Zeichnen. Er ist erkennbar kein gebürtiger Wiener, weil er einen schweren Akzent hat und Talent für die leichte Konversation.

At City Café in Vienna – The young man bustling around behind the bar has the same name as Dr. Frankenstein’s right-hand man and very kindly confirms that I have a talent for drawing. He is clearly not a native Viennese because he has a heavy accent and a talent for light conversation.

Im Café Sperl in Wien

Am Abend, kurz bevor das Sperl um Zehn schließt, die Touristen sind weitergezogen, im hintersten Eck sitzt ein junges Paar seit Stunden vor leeren Kaffeetassen, weil es den ganzen Abend mit den Mündern aneinanderklebt, neben dem Windfang kramt ein Verwirrter in seinen drei Plastiktüten nach Dingen, die er wie seinen Verstand schon vor Zeiten verloren hat, die Ober bringen die Welt derweil in Ordnung und schicken einen frühen Nachtschwärmer wieder auf den Weg, da leert man sein Glas und akzeptiert, mehr oder weniger ernüchtert, was man nicht ändern kann, dass nämlich morgen Sonntag ist und das Sperl deswegen geschlossen hat.

At Café Sperl in Vienna – In the evening, just before the Sperl closes at ten, the tourists have moved on, in the furthest corner a young couple has been sitting in front of empty coffee cups for hours because they have been stuck together with their mouths all evening, next to the vestibule a confused man is rummaging through his three plastic bags for things that he lost, like his mind, a long time ago, the waiters are putting the world in order and sending an early night owl on his way, so I empty my glass and accept, more or less sobered, what I cannot change, namely that tomorrow is Sunday and that is why the Sperl will be closed.

Im Café Vollpension in Wien

In der MUK, der Musik- und Kunst-Privatuni der Stadt Wien findet man eine der Filialen des sogenannten Generationencafés, das alten Leuten mit geringer Pension Beschäftigung gibt und einen Zuverdienst erlaubt. Darum schmeckt der Kuchen wie bei Oma, wobei Leute, deren Oma auch das Teewasser hat anbrennen lassen, vermutlich lieber woanders hingehen würden. Dazu besteht hier aber wirklich kein Grund. Die Einrichtung des Cafés ist laut Selbstbeschreibung „Turbokitsch“. Ob das zutrifft, ist wohl Geschmacksache, aber keineswegs kitschig, sondern schön ist, dass kein Stuhl dem anderen gleicht. Das ist gut so, denn schließlich gilt das auch für die Menschen, die auf den Stühlen sitzen. Nur was den Kuchen betrifft, darf es morgen gerne das Gleiche sein. Und übermorgen auch.

At Café Vollpension in Vienna – In the MUK, the private music and art university of the city of Vienna, you will find one of the branches of the so-called Generation Café, which gives old people with a low pension an occupation and allows them to earn extra money. That’s why the cake tastes like grandma’s, although people whose grandma also let the tea water burn would probably prefer to go somewhere else. But there’s really no reason for that here. The café’s interior is, according to its own description, „turbo kitsch“. Whether that’s true is a matter of taste, but it’s by no means kitschy but nice that no two chairs are the same. That’s a good thing, because that also applies to the people sitting on the chairs. But as far as the cake is concerned, it can be the same tomorrow. And the day after tomorrow too.

Im Café Ministerium in Wien

Im Café Ministerium gibt es alles, wofür man ins Kaffeehaus geht, vor allem Ruhe und Frieden. Um hineinzukommen, muss man keine Beziehungen haben und keinen Antrag stellen, das sollte man wissen. Aber auch wenn es unangenehm ist, es auszusprechen: Das Beste am Café Ministerium ist, dass man, wenn man drin ist, nicht das furchtbare Kriegsministerium sehen muss, das draußen breitbeinig am Ring herumlungert und jedem mit einer Tracht Augenprügel droht, der es schief anschaut. Darum: lieber ein Achterl zu viel bestellen, damit man länger sitzen bleiben kann, aber nicht so viele Achterl, dass man alles doppelt sieht, denn das wäre, weil man ja doch irgendwann wieder hinausmuss, nicht auszuhalten.

At the Café Ministry in Vienna – At the Café Ministry you can find everything you go to a coffeehouse for, especially peace and quiet. You don’t have to have connections or apply to get in, that’s something you should know. But even if it’s unpleasant to say: the best thing about the Café Ministry is that when you’re in, you don’t have to see the terrible War Ministry, which is lounging around outside on the Ring with its legs apart and threatening to punch anyone who looks at it the wrong way. So it’s better to order an eighth of a liter too many so that you can stay seated longer, but not so many eighths that you see everything twice. That would be unbearable, because you’ll have to leave at some point anyway.