Sagt mal, österreichische Gastronomen,

geht’s noch? Ein halber Liter Apfelschorle ist also ein „Jugendgetränk“! Zu unserer Zeit hätte es so etwas nicht gegeben! Damals mussten wir Bier und Wein aus der Flasche saufen, weil unsere Eltern noch wussten, wie man Kinder vernachlässigt; aber die heutige Jugend wird im Übermaß verwöhnt, ist darum komplett verweichlicht und ahnt vermutlich gar nicht, wie das ist, sich nach einer Flasche Schnaps die Seele aus dem Leib zu kotzen. Die denken doch nur an die Karriere, sind ständig am Lernen, wollen alle das Abitur machen und hinterher viel Geld verdienen! Die Blagen sollen gefälligst das Faulenzen üben und sich das Hirn weichkiffen! Fassungslos: Titanic

Say, Austrian gastronomers,
are you crazy? Half a liter of apple spritzer is a „youth drink“! In our time there would have been no such thing! Back then we still had to drink beer and wine from the bottle because our parents still knew how to neglect children, but today’s youth are spoiled in excess, so they are completely soft and probably don’t even know what it’s like to puke out your guts after a bottle of Schnapps. They only think about their careers, are constantly learning, they all want to graduate and earn a lot of money afterwards! These spoiled brats should be supposed to laze around and puff their brains soft! Stunned: Titanic

Erschienen / published in Titanic 5/2020

Und übrigens, Literaturbetrieb,

nachdem uns jüngst schon die Lindemannschen Ergüsse sowas von am knackigen Hintern vorbeigegangen sind, erwägen wir, uns künftig im schönen ungarischen Örtchen Pornóapáti niederzulassen. Von dort aus betrachtet wirken all die verzweifelten Versuche, deinen welken Leib mit dirty talking attraktiver zu quatschen noch eine Koksspur alberner. Immer mitten in die Fresse: Titanic

And by the way, literature business,
after Lindemann’s poetic effusions couldn’t have bothered us less, we are considering settling in the beautiful Hungarian village of Pornóapáti in the future. From there, all the desperate attempts to chatter your withered body more attractive with dirty talking seem even more silly. Always in the face: Titanic

Erschienen / published in Titanic 5/2020

Instant-Fortbildung

Als ich das erste Mal in Rom war, verstand ich zwar nicht viel von dem, was ich da sah, aber ich fand es dennoch so großartig und überwältigend, dass ich mich ohne den Umweg eines Studiums augenblicklich in einen Kunsthysteriker verwandelte.

Instant training
When I was in Rome for the first time, I didn’t understand much of what I was seeing, but I found it so great and overwhelming that I instantly turned into an art hysteric without going through a course of study.

Erschienen / published in Titanic 5/2020

Pragmatismus

Die Oma einer Freundin pflegte in der Nachkriegszeit, als es nichts zu essen gab, ihren hungrigen Kindern einen pfiffigen Ausweg aufzuzeigen, wie sich die Lust aufs Essen leicht vergessen lasse: „Jetz hauma uns halt as Maul am Tischeck an!“ Und tatsächlich ist kaum etwas besser geeignet, den knurrenden Magen zu übertönen, als der Schmerzensschrei nach einer an der Tischkante blutig geschlagenen Lippe.

Pragmatism
In the post-war period, when there was nothing to eat, the granny of a friend used to show their hungry children a clever way to forget the desire to eat easily: „Let’s hit the mouth at the edge of the table!“ And indeed, hardly anything better suited to drown out the growling stomach than the cry of pain for a bloody lip.

Erschienen / Published in Titanic 4/2020

Ausstellung der Rendsburger Zeichnerei

design.peterpneuhaus.de

Gestern Abend wurde die große Postkartenausstellung der Rendsburger Zeichnerei im Caricatura Museum in Frankfurt eröffnet. Leider konnte ich nicht dabei sein, aber wie ich höre, wurde ich gut vertreten.
Seit 1993 bin ich Teil einer Gruppe von Zeichnerinnen und Zeichnern, die sich einmal im Jahr eine Woche lang im Nordkolleg in Rendsburg am Nord-Ostsee-Kanal zum gemeinsamen Zeichnen, Essen, Trinken und Blödsinnmachen versammeln. Gegründet wurde die Rendsburger Zeichnerei 1990 von F.W. Bernstein, unserem 2018 leider schon verstorbenen Meister und Mentor. Um auch über das Jahr in Kontakt zu bleiben und nicht einzurosten, hat Fritz einst das Dekret ausgegeben, uns gegenseitig gezeichnete Postkarten zu schicken. Das machen wir nun seit 30 Jahren und da wurde einiges gezeichnet. Es gab schon kleinere und größere Ausstellungen, darunter 1998 eine im Münchner Karl-Valentin-Musäum, aber im Jubiläumsjahr sind wir nun quasi an den Ursprung zurückgekehrt, nach Frankfurt, wo mit den satirischen Zeitschriften Pardon und Titanic alles angefangen hat. Im Bernsteinzimmer der Caricatura hängen nun auch einige der Karten, die uns Fritz geschickt hat. Die Ausstellung ist in Frankfurt bis 27. August zu sehen und wird dann weiterziehen ins Sauerland nach Menden. Der Katalog ist im Museumsshop der Caricatura erhältlich. (Weckmarkt 17, 60311 Frankfurt am Main)

Exhibition of the Rendsburg Drawing Group
The large postcard exhibition of the Rendsburg Drawing Group opened in the Caricatura Museum in Frankfurt yesterday evening. Unfortunately I couldn’t be there, but I hear that I was well represented.
Since 1993 I have been part of a group of draftsmen and -women who gather once a year for a week in the Nordkolleg in Rendsburg on the Kiel Canal to draw, eat, drink and make nonsense. The Group was founded in 1990 by F.W. Bernstein, our in 2018 unfortunately deceased master and mentor. In order to stay in contact throughout the year and not to rust, Fritz once issued the decree to send drawn postcards to each other. We have been doing this for 30 years now and a lot has been drawn. There have already been smaller and larger exhibitions, including one in 1998 at the Karl Valentin Musäum in Munich, but in the anniversary year we have returned to the origin, to Frankfurt, where everything started with the satirical magazines Pardon and Titanic. Some of the cards Fritz sent us are now hanging in the Caricatura’s Bernstein room. The exhibition can be seen in Frankfurt until August 27th and will then move on to Menden in the Sauerland. The catalog is available in the Caricatura museum shop. (Weckmarkt 17, 60311 Frankfurt am Main)

Lob des Defätisten

Neulich im Geschichtsunterricht ist mir ein Schüler so dermaßen auf die Nerven gegangen, dass ich ihm wegen fortgesetzter Lehrkraftzersetzung erst ein Referat über den Nationalsozialismus aufgebrummt und es ihm aber sogleich wieder erlassen habe, da eine Jugend, die so respektlos und autoritätsresistent ist, mir nicht wenig Hoffnung auf eine friedliche Zukunft gibt.

Praise of the defeatist
The other day in history lessons a student got on my nerves so badly that I gave him a lecture about National Socialism due to continued teacher disintegration only to exempt him from it immediately, because a youth which is so irreverent and resistant to authority gives me more than a little hope for a peaceful future. (untranslatable wordplay with the german words for teaching staff and Activities affecting armed forces)

Erschienen / Published in Titanic 3/2020

Aha! Du, CSU,

forderst also die Aufhebung der generellen Strafunmündigkeit bei Kindern. Bist du etwa wirklich böse auf den kleinen Scheuer Andi? Der hat doch nur ein bissl Geld verbrannt! Komm, sei nicht so gemein! Immer auf der Seite der Schwachen: Titanic

Aha! You, CSU,
are calling for the abolition of general child immunity. Are you really angry with the little Scheuer Andi? He only burned a little bit of money! Come on, don’t be so mean! Always on the side of the weak: Titanic

Erschienen / Published in Titanic 2/2020

Der Schlaf der Vernunft

Neulich hatte ich einen Traum, der mir vielleicht ermöglicht, mein verpfuschtes Leben vom Kopf auf die Füße zu stellen. Mir träumte nämlich der Satz „Die wirklich wichtigen Dinge habe ich immer ins Wurstfach getan.“ Zwar gibt es in meinem Kühlschrank kein Wurstfach, aber nun habe ich eben eines dazu erklärt und, obwohl ich gar keine Wurst esse, mir ein Stück Salami gekauft, meine Steuererklärung sowie die leere Brieftasche dazu gelegt und ich muss sagen, seitdem geht es mir tatsächlich besser.

The sleep of reason
Recently, I had a dream that might allow me to turn my botched life back on my feet. To be specific: I dreamed the sentence „The really important things I have always done in the sausage tray.“ Although there is no sausage tray in my fridge, I have just decided to call one that way, and even though I eat no sausage, I bought a piece of salami and put it there together with my tax returns and the empty wallet and I have to say, that I feel better now.

Erschienen / Published in Titanic 2/2020

Sie, Marco van Basten,

haben ja nun neulich nach dem Spiel Ajax Amsterdam gegen Heracles Almelo als Experte im Studio des Senders Fox Sports dem deutschen Trainer Almelos ein „Sieg Heil“ hinterhergerufen und mussten sich wenig später dafür entschuldigen. Wir verstehen nur nicht, weshalb. Es habe sich um einen „falschen Scherz zum falschen Augenblick“ gehandelt, teilte Fox mit. Man kann sich freilich für den richtigen Scherz im falschen Augenblick entschuldigen oder auch für den falschen Scherz im richtigen Augenblick, aber unter diesen Umständen können wir Ihnen nur bestätigen: Sie haben alles richtig gemacht. Weiter so! Timing ist alles, auf dem Platz und auf der Titanic

You, Marco van Basten,
have recently, after the game Ajax Amsterdam against Heracles Almelo, as an expert for the broadcaster Fox Sports, shouted a „Sieg Heil“ after Almelos german coach and had to apologize a little later. We just don’t understand why. It was a „wrong joke at the wrong moment,“ Fox said. One can of course apologize for the right joke at the wrong moment or for the wrong joke at the right moment, but under these circumstances we can only confirm that you did everything right. Keep it up! Timing is everything, on the pitch and on the Titanic

Erschienen / published in Titanic 1/2020