Die Abenteuer von Pavel Havel (6)

Eines Tages fand Pavel Havel, der berühmte tschechische Abenteurer und Großmeister aller Klassen die berühmte Nordwestpassage, die bekanntlich ganzjährig zugeschneit ist. Weil Pavel Havel aber ein Mann der Tat ist und es überhaupt nicht schätzt, dass dem Fortschritt Schneeberge in den Weg gestellt werden, lieh er sich kurzerhand einen Schneepflug und räumte die Passage frei! Der kleine Mann auf der Straße hält das vermutlich nicht für eine große Sache, aber er hat vermutlich auch keine Ahnung, wie schwer es ist, mitten im Hochsommer einen Schneepflug zu leihen. Wenn der kleine Mann auf der Straße auch nur ahnen könnte, wem er es zu verdanken hat, dass er nun ganzjährig sowohl auf den Straßen im Westen als auch im Norden gehen und stehen kann, wäre es ihm mit Sicherheit dennoch völlig gleichgültig. Aber Pavel Havel ist das gewohnt, keine große Sache.

The Adventures of Pavel Havel – One day, Pavel Havel, the famous Czech adventurer and grandmaster of all trades, found the famous Northwest Passage, which, as we all know, is snow-covered year-round. But because Pavel Havel is a man of action and doesn’t appreciate mountains of snow standing in the way of progress, he promptly borrowed a snowplow and cleared the passage! The average man on the street probably doesn’t think this is a big deal, but he probably also has no idea how difficult it is to rent a snowplow in the middle of summer. If the average man on the street could even guess who he has to thank for the fact that he can now walk and stand on the streets both in the west and in the north all year round, he would certainly still be completely indifferent. But Pavel Havel is used to it; it’s no big deal.

Im Pfudl in Wien

Kein Kaffeehaus, aber zwischen zwei kleinen Braunen braucht man hin und wieder ein gutes Schnitzel. Der etwas aufgeschwemmte Kellner sieht naturgemäß aus wie Qualtingers Herr Karl, er redet aber zum Glück nicht so viel. Die andere Bedienung stellt mir ebenso wortlos einen Espresso hin, den ich nicht bestellt habe, und nimmt ihn wieder mit, als ich ihn trinken will. Vermutlich hat sie mir angesehen, dass ich gerade Kaffeejause hatte und keinen Kaffee brauchte. Wenn ich einen Kaffee bräuchte, würde ich auch lieber ins Sperl gehen, wo es tatsächlich einen Herrn Karl gibt, der aber nicht aussieht wie der Herr Karl, nicht mal wie ein junger Qualtinger. Wien scheint gerade a bissl durcheinander zu sein. – Endlich bringt der falsche Herr Karl ein richtiges Schnitzel und alles ist wieder gut.

At the Pfudl in Vienna – Not a coffee house, but between two espressos you need a good schnitzel every now and then. The somewhat bloated waiter naturally looks like Qualtinger’s Herr Karl, but thankfully he doesn’t talk as much. The other waitress, just as silently, puts an espresso I didn’t order in front of me and takes it away when I’m about to drink it. She probably noticed that I was just having a coffee break and didn’t need it. If I needed a coffee, I’d rather go to the Sperl, where there actually is a Herr Karl, but he doesn’t look like Herr Karl, not even like a young Qualtinger. Vienna seems to be a bit confused right now. Finally, the fake Herr Karl brings me a proper schnitzel, and everything is fine again.

Am Tag vor dem Tag danach (9)

Rückblickend hätte die Menschheit schon misstrauisch werden müssen, dass von einem Tag auf den anderen sämtliche Pflanzen vor den Häusern herumlungerten. Niemand wusste, was sie dort wollten. Rückblickend wie gesagt, ist es offensichtlich, dass sie etwas wussten und darauf warteten, in die freiwerdenden Wohnungen einzuziehen. Nun, da sie sich den bisher von der Menschheit beanspruchten Raum zurückgeholt haben, ist aber leider niemand mehr da, der zurückblicken und ex post klugscheißen kann.

The day before the day after – In retrospect, humanity should have been suspicious that, from one day to the next, all the plants were lurking in front of the houses. No one knew what they were doing there. In retrospect, as I said, it’s obvious that they knew something and were waiting to move into the vacant apartments. Now that they’ve reclaimed the space previously claimed by humanity, unfortunately, there’s no one left to look back and be wise after the fact.

Fake it till you make it

Gelogen war es nicht, dass mein neuestes Stück auf dem Broadway aufgeführt wird, aber dass es sich um ein kleines Theater in Neuseeland handelt, dessen Inhaber einen meiner Texte für Sockenpuppen dramatisiert hat, muss man ja nicht an die große Glocke hängen.

Fake it till you make it – It wasn’t a lie that my latest play was being performed on Broadway, but the fact that it was a small theater in New Zealand whose owner dramatized one of my texts for sock puppets is something that doesn’t need to be made public.

Neues aus der Kunstgeschichte (6)

Wie aus einem erst neulich aufgefundenen Briefwechsel der Gebrüder Kupelwieser hervorgeht, kündigte Franz Schubert, als er 1817 aus dem Lehrdienst ausschied und über kein Einkommen mehr verfügte, bei einer Sitzung der Unsinnsgesellschaft an, das Komponieren sein zu lassen und Kraftfahrzeugmechaniker werden zu wollen, denn darin liege die Zukunft. Die anderen Mitglieder der Unsinnsgesellschaft taten das freilich als Unsinn ab, zumal niemand eine Vorstellung davon hatte, was ein Kraftfahrzeug sein sollte. Bekanntlich gründete Schubert im Jahr darauf tatsächlich eine Werkstatt mit angeschlossener Garage, die jedoch von der Kundschaft schlecht angenommen wurde, da Schubert die Leute, die ihr Pferd reparieren oder unterstellen wollten, mit scheinbar unsinnigen Ansinnen wie einem Ölwechsel oder dem Austausch der Zündkerzen verstörte. Als wäre die Existenz des so früh verstorbenen Musikgenies nicht schon tragisch genug gewesen, erfuhr Schubert nie, wie weit er seiner Zeit voraus gewesen ist.

Art History News – As a recently discovered correspondence between the Kupelwieser brothers reveals, when Franz Schubert retired from teaching in 1817 and no longer had any income, he announced at a meeting of the Nonsense Society that he would give up composing and become a motor mechanic, because that was the future. The other members of the Nonsense Society dismissed this as nonsense, of course, especially since no one had any idea what a motor vehicle was supposed to be. As is well known, Schubert did indeed open a workshop with an attached garage the following year, but it was not well received by customers, as Schubert would disturb people who wanted to repair or stable their horses with seemingly nonsensical requests such as changing the oil or replacing the spark plugs. As if the existence of the musical genius who died so early wasn’t tragic enough, Schubert never learned how far ahead of his time he was.

Der Mann, der verwöhnt

An der Kette mit dem komischen Namen kommt man in Wien nicht vorbei, bzw. man kommt ständig an ihr vorbei, weil es in Wien und darüber hinaus gefühlt ca. 10.000 Filialen gibt, von denen vermutlich keine ein Sexshop ist, was ich aber nicht aus erster Hand bezeugen kann. In der Niederlassung am Naschmarkt, wo ich einen Espresso nehme und eine Flasche Wasser kaufe, fragt mich die hübsche Bedienung mit kokettem Augenaufschlag: „Frische Croissants?“ Ich würde eigentlich gerne ‚Ja’ sagen, aber am Ende könnte sie das falsch verstehen.

The Man Who Pampers – You can’t miss the chain with the strange name in Vienna, or rather, you pass it constantly, because there are what feels like about 10,000 branches in Vienna and beyond, probably none of which is a sex shop, although I can’t verify this firsthand. In the branch at Naschmarkt, where I’m getting an espresso and buying a bottle of water, the pretty waitress asks me with a flirtatious glance: „Fresh croissants?“ I’d actually like to say ‚yes,‘ but she might end up misunderstanding me.

Neues aus dem Tierreich (30)

Da inzwischen nicht nur Städte und Gemeinden, sondern zunehmend auch private Vermieter Maßnahmen ergreifen, um Tauben zu vergrämen, greift sich ein unerwünschter Nebeneffekt Raum: Die Tauben sind den Menschen dermaßen gram, dass sie sich weigern, ihren Aufgaben nachzukommen und die ihnen von alten Damen und Touristen hingeworfenen Brotkrumen aufzupicken. Besonders in den Parkanlagen müssen daher jeden Tag mehrere Tonnen Krumen aufwendig entsorgt werden, da andernfalls die Rattenpopulation überhand nehmen würde. Verhandlungen mit Vertretern der Tauben sind gescheitert, da die Tiere sich taub stellen.

News from the Animal Kingdom – As not only cities and municipalities, but increasingly also private landlords, are now taking measures to deter pigeons, an undesirable side effect is taking hold: The pigeons are so resentful of humans that they refuse to fulfill their duties and pick up the breadcrumbs thrown to them by elderly ladies and tourists. Therefore, especially in parks, several tons of crumbs have to be laboriously disposed of every day, as otherwise the rat population would get out of control. Negotiations with representatives of the pigeons have failed because the animals are turning a deaf ear.