Wandertag bei Familie Rorschach

Jeden Samstag mussten die Rorschachbuben mit Vater und Hund aufs Land fahren und wandern, wie es der Vater nannte. Die Mutter hatte sich wie immer ein Attest besorgt, da konnte der Vater nichts machen. Die Buben bettelten und benzten, sie würden lieber ins Kino gehen oder wenn es sein müsse auch ins pathologische Museum, aber Vater Rorschach war unnachgiebig. Das Schlimmste aus Sicht der Buben war jedoch, dass man eh nie weit kam und sich das Wandern tatsächlich darin erschöpfte, dass der Vater an jeder Pfütze und jedem Teich Halt machte und seine Söhne dazu zwang, stundenlang die Landschaft zu interpretieren. Sogar der Hund wurde gefragt. Wenn nicht jeder mindestens einmal „Mutter“ oder „Mutters Schoß“ gesehen haben wollte, war der Vater für den Rest des Tages aufgebracht und unausstehlich.

Hiking Day with the Rorschach Family – Every Saturday, the Rorschach boys had to go to the countryside with their father and dog and go hiking, as their father called it. Their mother, as always, had obtained a doctor’s note, and the father couldn’t do anything about it. The boys begged and pleaded that they would rather go to the movies, or, if necessary, to the pathology museum, but Father Rorschach was relentless. The worst part, from the boys‘ perspective, however, was that they never got very far anyway, and the hiking essentially consisted of their father stopping at every puddle and pond, forcing his sons to spend hours interpreting the landscape. Even the dog was consulted. If everyone didn’t want to see „Mother“ or „Mother’s Lap“ at least once, their father would be upset and unbearable for the rest of the day.

Guter Rat (7)

Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut, aber nun ist es an der Zeit, mich für heute allein zu lassen.

Good advice – It was very nice, I enjoyed it very much, but now it’s time to leave me alone for today. (Please leave soon/go slowly.)

Am Tag vor dem Tag danach (8)

Als dann endlich doch der Atomkrieg ausbrach, konnte sich keiner erklären, wie es dazu gekommen war. So viele Schultern wurden noch nie gleichzeitig gezuckt. Selbst die Bombe war sich nicht sicher, ob das jetzt wirklich hatte sein müssen. Weil sie eine intelligente Bombe war, beschloss sie, mit dem Weiterfallen und Explodieren noch eine Weile zu warten, bis sie sich darüber im Klaren wäre, ob sie tatsächlich schon ihre Existenz beenden und ihr Schicksal erfüllen wollte. Einer ihrer Schaltkreise beharrte darauf, dass es durchaus einen freien Willen gebe und man gar nichts müsse, nur weil irgendein Mensch sich das so ausgedacht habe. Die Bombe schwebte also eine Zeit lang über der Stadt, während ihre Schaltkreise miteinander stritten. Weit unter ihr schauten einige Menschen ungläubig nach oben, während die Mehrheit noch schnell ETFs kaufte, weil man in einer Baisse ja bekanntlich investieren soll. Irgendwann wurde es der Schwerkraft zu dumm und sie beendete das unwürdige Schauspiel.

The Day Before the Day After – When nuclear war finally broke out, no one could explain how it had happened. Never before had so many shoulders shrugged at once. Even the bomb wasn’t sure if it really had to happen. Because it was an intelligent bomb, it decided to wait a while before continuing to fall and explode, until it was clear whether it really wanted to end its existence and fulfill its destiny. One of its circuits insisted that free will does indeed exist and that one doesn’t have to do anything just because some human thought it up. So the bomb hovered above the city for some time while its circuits argued with each other. Far below, some people looked up in disbelief, while the majority quickly bought ETFs because, as we all know, you’re supposed to invest in a bear market. At some point, gravity got tired of it, and it ended the undignified spectacle.

Neues aus der Bahn (4)

Der Typ neben mir hustet mit offenem Mund und dazwischen telefoniert er. Dumm für ihn, dass die Bahn inzwischen nicht nur die Fahrkarten kontrolliert, sondern auch die Manieren. Wer keine hat, muss in den letzten Wagen wechseln, wo es nur Stehplätze gibt und die Fenster undicht sind. – Ich wache auf, als er gerade eine Tupperdose mit Zwiebelsalat und rohen Eiern leert. Dann kommt die Durchsage, dass der Zug über Mogadischu umgeleitet wird und die Anschlüsse leider nicht erreicht werden. Also, alles wie immer. Nichts Neues aus der Bahn.

Deutsche Bahn news – The guy next to me is coughing with his mouth open and in between he’s talking on the phone. It’s unfortunate for him that Ceutsche Bahn now not only checks tickets, but also manners. Anyone without has to move to the last car, where there are only standing places and the windows are leaky. – I wake up as he’s emptying a Tupperware container filled with onion salad and raw eggs. Then the announcement is made that the train is being diverted via Mogadishu and unfortunately, the connections won’t be made. So, business as usual. Nothing new at Deutsche Bahn.

Kriegsende vor 80 Jahren

Es kann nicht schaden, vor dem nächsten Weltkrieg einmal innezuhalten, vor allem an einem Datum wie diesem, und eine Zwischensumme zu ziehen. Mit dem Erreichten können wir ja durchaus zufrieden sein, aber das kann man doch auch anders ausdrücken.

End of the war 80 years ago – It can’t hurt to pause for a moment before the next world war, especially on a date like this, and take stock. We can certainly be satisfied with what we have achieved, but there are other ways to express that. („Subtotal over all“)

De mortuis nil nisi bene

Laut Vatikan ist der letzte Papst morgens um 7.35 Uhr gestorben. In dem Moment hat mein Wecker geklingelt. Ob man ihn mochte oder nicht, aber nach diesem Papst konnte man seinen Wecker stellen. Mal sehen, ob seine Nachfolger*in diesem Anspruch gerecht werden kann.

De mortuis nil nisi bene – According to the Vatican, the last pope died at 7:35 a.m. That’s when my alarm went off. Whether you liked him or not, you could set your alarm clock after this pope. Let’s see if his successor can live up to that claim.

Jetzt verstehe ich!

Bisher habe ich nie kapiert, warum meine Nachbarn immer so laut sind und nichts dabei finden. Ruhe ist eine Einbahnstraße!

Now I get it! – So far I have never understood why my neighbors are always so loud and don’t care. Silence is a one-way street!

Tag der Arbeit, Tag der leeren Schränke

Den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst verkaufen die Arbeitgeber als großzügig und die Gewerkschaft als großartig, dabei handelt es sich um nicht mehr als einen Inflationsausgleich. In den Niederlanden und in Belgien findet das jedes Jahr statt, nur ohne das alberne Theater. Dort bleibt die Kaufkraft auch der Niedriglohnempfänger darum immer stabil, während deutsche Arbeiter und Angestellte Jahr für Jahr mehr enteignet werden und sich darüber auch noch freuen sollen. Völlig klar, wo unsere Tassen nicht sind.

Labour day, day of the empty cupboards – Employers sell the increase in pay rates in the public sektor as generous and the union as great, but actually it is no more than an inflation compensation. This takes place every year in the Netherlands and in Belgium, only without the silly theater. There, the purchasing power even of low-paid workers is always stable, while German workers and employees are expropriated more year after year and should also be happy about it. Completely clear where our cups are not. (German saying for ‚to have lost one’s marbles‚)