In der Knödelmanufaktur in Wien

Der Wiener Stadtteil mit dem albernsten Namen ist natürlich Wien Albern. Albern ist aber nichts in Albern. Tatsächlich ist Albern vom Albernsein so weit entfernt wie der Stadtteil von dem, was man sich gemeinhin unter Wien vorstellt. Hoffentlich hat Albern auch einen Keller, so dass es wenigstens einen Ort gibt, an dem man lachen kann. Das Albernste an Albern ist sicher, dass jeder, der hierherkommt, sich einbildet, der erste zu sein, der diesen Witz macht. Um zu dem Ort zu kommen, der am allerwenigsten albern ist in Albern, muss man kurz durch Niederösterreich und an der Bushaltestelle „Alberner Hafen“ und dem Polizeiübungsplatz mit der Adresse „Sauhaufen“ (man kann es sich nicht ausdenken) vorbei, dann kann man den „Friedhof der Namenlosen“ am Rande der Donau besuchen, auf dem zwar nicht nur Namenlose liegen, aber eben auch die vielen Ersoffenen, die von der Donau hier wieder ausgespien wurden. Danach empfiehlt sich ein Besuch in der Gaststätte Knödelmanufaktur. Reichlich Kohlenhydrate machen auch das unalbernste Gemüt glücklich und man kann Albern dann doch mit einem Lächeln wieder verlassen.

At the ‚Knödelmanufaktur‘ in Vienna – The district of Vienna with the silliest name is of course Wien Albern. But there is nothing silly in Albern. In fact, Albern is as far away from being silly as the district is from what is commonly imagined as Vienna. Hopefully Albern also has a basement so there’s at least one place where you can go to laugh. The silliest thing about Albern is that everyone who comes here imagines that they are the first to make this joke. To get to the least silly place in Albern, you have to briefly go through Lower Austria and past the “Silly habour” bus stop and the police training area with the address “Mess” (you can’t make it up), then you can visit the “Cemetery of the Nameless” on the edge of the Danube, where not only the nameless lie, but also the many drowned people who were spit out again by the Danube. Afterwards, I recommend a visit to the Knödelmanufaktur restaurant. Plenty of carbohydrates make even the most silly soul happy and you can leave Albern with a smile. (‚Knödelmanufaktur‘ translates to ‚dumpling factory‘ and ‚Albern‘ means ’silly‘, ‚giggly‘, ‚inane‘, ‚ridiculous‘)

Neues aus der Literaturgeschichte (2)

Was kaum jemand weiß, ist, dass Kafka, nachdem er im Totsein auch keine Freude mehr fand, in Wien ein Reisebüro eröffnet hat. Die Google-Bewertungen sind zwar nicht toll, aber diejenigen, die es mögen, dass man nie weiß, wo man letztendlich landet, ob man am Ziel wie ein Ungeziefer behandelt wird oder ob einem Herr K. nicht bloß den Bart abnimmt, schwören darauf, dass es ein unvergessliches Erlebnis gewesen ist.

News from literary history – What hardly anyone knows is that Kafka, after he no longer found joy in being dead, opened a travel agency in Vienna. The Google reviews aren’t great, but those who like the fact that you never know where you’ll end up, whether you’ll be treated like vermin at your destination or whether Mr. K. just will shave your beard, swear that it was an unforgettable experience.

Im Café Sperl in Wien

Das Sperl ist inzwischen mein Wohnzimmer geworden. Blöd nur, dass es vier Stunden Bahnfahrt von meinem Schlafzimmer entfernt liegt. Andererseits spare ich mir so die Stromkosten für die Leselampe. Ganz andererseits frage ich mich jeden Tag mehr, was all die fremden Leute eigentlich in meinem Wohnzimmer zu suchen haben. Schleicht’s Euch!

At Café Sperl in Vienna – The Sperl has now become my living room. It’s just a shame that it’s a four-hour train ride from my bedroom. On the other hand, I save the electricity costs for the reading lamp. On the very other hand, I wonder more and more every day what all the strangers are doing in my living room. Get lost y’all!

Neue Metaphern braucht das Land

Selbst wenn mir der Klimawandel egal ist, kann ich das angesichts der verdorrten Wälder und Felder leider nicht mehr damit veranschaulichen, dass „nach mir die Sintflut“ kommen könne.

We need new metaphors – Even if I don’t care about climate change, in view of the withered forests and fields, I can unfortunately no longer illustrate that by claiming that „after me the deluge“ could come.

(erschienen / published in Titanic 6/2024)

Schreckliche Vorstellung

Demnächst findet ja die Wahl zum Europäischen Parlament statt und wie immer, wenn Wahl ist, gewähren einem die Leute tiefe Einblicke in die Untiefen ihres Gemüts. Es scheint mir zwar unwahrscheinlich, dass die Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung die absolute Mehrheit gewinnt, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass es in Utschl inzwischen ausreichend viele Wahnsinnige gibt, die diesen Clowns zu einem Mandat in Straßburg verhelfen. Man stelle sich nur vor, dieser Irrsinn würde Wirklichkeit und man müsste die nächsten tausend Jahre mit diesen Leuten verbringen und mit allen anderen auch! Wer will das schon? In einer guten Woche werden wir es wissen.

Terrible idea – The elections for the European Parliament are coming up soon and, as always when there is an election, people give you deep insights into the depths of their minds. It seems unlikely to me that the Party for Conventional Medical Rejuvenation Research will win an absolute majority, but I can certainly imagine that there are enough lunatics to help these clowns get a mandate in Strasbourg. Just imagine if this madness became reality and you had to spend the next thousand years with these people and everyone else too! Who wants that anyway? We’ll know in a good week. (On the poster: Unlimited life for all. For faster development of medicine that repairs the damage of aging and allows people to live healthy lives for thousands of years)

Im Café Raimund in Wien

Früher war das Raimund ein Theater- und Künstlercafé, als es noch Künstler gab und nicht nur Influencer und andere Nervensägen. Hier wurden der Legende zufolge Ilse Aichinger und Ingeborg Bachmann entdeckt. Das stimmt schon, aber der Nebensatz „als sie sich einmal eine ganze Woche lang furchtbar betrunken haben“ wird meistens weggelassen, weil es sich so eben besser anhört. Die beiden Damen wurden später auch aus anderen Gründen berühmt, aber das ist eine andere Geschichte. Benannt ist das Café nach einem Schauspieler und Dramatiker, dessen Stücke angeblich die Werte des Biedermeier vertreten, namentlich Treue, Dankbarkeit, Maßhalten und Zufriedenheit, und die man deshalb damals wie heutzutage nur betrunken erträgt. Treue, Dankbarkeit und Zufriedenheit sind dennoch Eigenschaften, die man, ohne zum Biedermeier zu werden, im Café Raimund entwickeln kann, doch das Maßhalten, das sollte man sich abschminken, wenn man nicht gerade ein Fitness-Influencer ist.

At Café Raimund in Vienna – The Raimund used to be a theater and artists‘ café, when there were still artists and not just influencers and other annoying people. According to legend, Ilse Aichinger and Ingeborg Bachmann were discovered here. That’s true, but the subordinate clause „when they once got terribly drunk for a whole week“ is usually left out because it sounds better that way. The two ladies later became famous for other reasons, but that’s another story. The café is named after an actor and playwright whose plays supposedly represent the values of Biedermeier, namely loyalty, gratitude, moderation and contentment, and which, then as now, can only be tolerated when drunk. Loyalty, gratitude and satisfaction are still qualities that you can develop in Café Raimund without becoming a Biedermeier, but moderation is something you should forget about if you are not exactly a fitness influencer.