Ismismus
Nun scheint es zum Glück sehr wahrscheinlich, dass uns weitere vier Jahre Donald Trump erspart bleiben, sofern er nicht mit Hilfe korrupter Richter doch noch einen Staatsstreich veranstaltet. Allerdings wird er bis Ende Januar über Atomwaffen verfügen und Männer seines Schlages sind ja dafür bekannt, dass sie, wenn sie abtreten sollen, alles mit in den Abgrund reißen. Aber gut – vorerst kein Wort mehr über dieses Monstrum. Doch halt! Jetzt, wo man (trotz Mund-Nasen-Schutz) endlich einmal durchatmen könnte, erinnern einen die Medien unentwegt daran, dass man die Zumutung nicht so einfach loswerden wird: Der Trumpismus sei nach wie vor lebendig. Wie bitte? Ob seine 70 Millionen Wähler tatsächlich lebendig sind oder nicht doch eher untot, müsste wissenschaftlich überprüft werden, aber ‚Trumpismus’? Ernsthaft? Ismus ist ein Suffix, das politischen Ideologien angeheftet wird, deren Anhänger deutlich unterscheidbare Wege zum Glück beschreiten wollen. Wofür aber steht Trump, außer für sich selbst? Seine Anhänger sind zu einem Großteil Rassisten und vermutlich haben sie alle einen autoritären Charakter. Aber auch wenn Trump Mussolini imitierend die Arme verschränkt und das Kinn vorstreckt, macht ihn das nicht zum Führer einer faschistischen Bewegung. Er ist auch nicht der erste und nicht der einzige, der verstanden hat, dass man eine Lüge nur oft genug wiederholen muss, bis sie zur Wahrheit wird. Was ihn von anderen Populisten unterscheidet, ist, dass er sehr unterschiedliche Gruppen mit sehr unterschiedlichen Ideologien hinter sich vereint hat, ohne tatsächlich das zu verkörpern, was seine Anhänger in ihm angeblich sehen. Er ist weder ein Wertkonservativer, noch ein Evangelikaler, noch ein Arbeiterführer, noch ein Nazi, noch ein Hinterwäldler oder ein Alpha-Mann. Er ist nur ein großmäuliger Hochstapler und Schlangenölverkäufer, der allen alles verspricht. Er ist die Folie, auf die seine Wähler ihre Wünsche projizieren können. Wenn sie für ihn stimmen, tun sie das, rational betrachtet, gegen ihre eigenen Interessen, aber diese Leute betrachten es nicht rational, sie praktizieren magisches Denken, denn sie glauben, sie seien im Krieg. Seine Anhänger sind offensichtlich naiv, ungebildet, dumm, verblendet, egoistisch. Ja, sie halten nichts von liberaler Demokratie und manche sind christliche Taliban und manche sind Nazi-Terroristen, aber die Mehrheit von ihnen wird zweifellos am besten von jenem Volltrottel verkörpert, der sich nach der Wahl vor die Fernsehkameras drängte und einen angeblichen Wahlbetrug beklagte. Sein politisches Programm trug er auf dem T-Shirt, das seinen Schmerbauch umspannte: „BBQ, Beer, Freedom“. Das mag man widerlich oder putzig finden, aber es ist keine Ideologie, sondern der Lebensinhalt einer unterdrückten, ausgebeuteten und entsolidarisierten Arbeiterklasse. Wer das mit dem Suffix -ismus verunklart, der trägt dazu bei, die Idee davon, dass politisches Handeln nicht einer mediokren Politikerkaste überlassen werden, sondern ideengeleitet sein sollte, zu entwerten. Wenn dann alles gleichwertig gequatscht wurde, ist der Weg frei für die Demagogen. Ich lege mich fest: Der Tag ist nicht mehr fern, an dem der erste Schmock etwas von ‚Laschetismus’ oder ‚Söderismus‘ faseln wird.
Fuck you! – A revile of mankind
Ismism
Fortunately, it now seems very likely that we will be spared another four years from Donald Trump, if he does not organize a coup with the help of corrupt judges. However, he will have nuclear weapons by the end of January and men of his type are known for pulling everything into the abyss if they are to resign. Well – for the time being no more a word about this monster. But wait! Now that you can finally take a deep breath (despite mouth and nose protection), the media are constantly reminding you that you will not get rid of the imposition that Trumpism is still alive. I beg your pardon? Whether its 70 million voters are actually alive or not rather undead would have to be scientifically verified, but ‚Trumpism‘? Seriously? Ism is a suffix attached to political ideologies whose followers want to tread distinct paths to happiness. But what does Trump stand for besides himself? Most of his supporters are racist and presumably they are all authoritarian. But even if Trump imitates Mussolini and crosses his arms and sticks out his chin, that does not make him the leader of a fascist movement. Nor is he the first or the only one to understand that you just have to repeat a lie enough times before it becomes the truth. What sets him apart from other populists is that he has united very different groups with very different ideologies without actually embodying what his followers supposedly see in him. He is neither a value conservative, nor an evangelical, nor a labor leader, nor a Nazi, nor a redneck or an alpha male. He’s just a loud mouthed impostor and snake oil seller who promises everything to everyone. He is the foil on which his constituents can project their wishes. If they vote for him, rationally, they are doing it against their own interests, but these people are not considering it rationally, they practice magical thinking because they believe they are at war. His followers are obviously naive, uneducated, stupid, deluded, selfish. Yes, they don’t believe in liberal democracy and some are Christian Taliban and some are Nazi terrorists, but the majority of them are undoubtedly best embodied by that idiot who huddled in front of the television cameras after the election complaining of alleged electoral fraud. He wore his political program on the t-shirt that spanned his potbelly: “BBQ, Beer, Freedom”. You may find that disgusting or cute, but it is not an ideology. It’s the purpose of life of an oppressed, exploited and de-solidarized working class. Those who obscure it with the suffix -ism are helping to devalue the idea that political action should not be left to a mediocre political caste, but should be guided by ideas. When everything has been chatted equal, the way is clear for the demagogues. I make a commitment: the day is not far off when the first hack will babble something about ‚Laschetism‘ or ‚Söderism‘.
(Note: Armin Laschet is Prime Minister of the state of North Rhine-Westphalia and Markus Söder is the uncrowned king of Bavaria, but both want to be caliph in lieu of the caliph)