Aus dem Familienalbum (69)

Mein Onkel Raimunth, der so ähnlich heißt, aber von allen so genannt wird, weil er einen leichten Sprachfehler hat, lebt seit Jahrzehnten in einer winzigen Einliegerwohnung im Haus seines Bruders. Er komme mit den zwei kleinen Zimmern wegen der vielen Bücher eigentlich nicht aus, sagt er, aber was er an der Wohnung schätze, sei, dass die beiden einzigen Fenster aufeinander schauten. So werde er nicht mit dem Anblick der völlig vertrottelten und gemeingefährlichen Menschheit belästigt und weder das Wetter noch die Abfolge der Jahreszeiten habe ihn jemals interessiert. Oft stehe er stundenlang am oberen Fenster und schaue hinüber. Dann könne er sich manchmal sogar selbst beobachten, wie er im anderen Zimmer im Sessel sitze und lese oder am Schreibtisch arbeite oder sonst etwas Sinnvolles tue. Das gebe ihm Hoffnung, dass es mit dieser Welt vielleicht doch noch nicht an ein Ende gekommen sei.

From the family album – My uncle Raimunth, who has a similar name but is called that by everyone because he has a slight speech impediment, has lived in a tiny apartment in his brother’s house for decades. He says he can’t really get along with the two small rooms because of all the books, but what he likes about the apartment is that the only two windows look at each other. In this way he is not bothered by the sight of completely idiotic and dangerous humanity and neither the weather nor the sequence of the seasons has ever interested him. He often stands at the upper window for hours and looks over. Then he can sometimes even observe himself sitting in the armchair in the other room and reading or working at the desk or doing something else useful. This gives him hope that this world may not have come to an end after all.